Wie das Wetter den Kaffeepreis bestimmt
Alle Agrarrohstoffe sind vom Wetter abhängig. In einem früheren Artikel wurde hier auf unserer Website bereits über den Zusammenhang der Getreidepreise und den derzeitigen weltweiten Wetterbedingungen geschrieben und gesprochen („Grains: Treibt die Dürre die Getreidepreise vor sich her?„). In diesem Artikel geht es nun um einen weiteren Rohstoff, der in extremer Weise vom Klima abhängig ist: dem Kaffee und darum, wie das Wetter den Kaffeepreis bestimmt.
Im Video geben wir dier einen Einblick in dei Problematik. Weitere Informationen dazu findest du in dem Begleitartikel.
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Seit Monaten fällt kein Tropfen Regen. Die Flüsse sind zu Bächen geschrumpft. Ihre Ufer rissig und verdörrt. Normalerweise ausgedehnte Stauseen im Südosten und Westen des Landes wurden zu einem Netz von Pfützen.
Welches Land ist gemeint? im Video erfährst du mehr darüber. Oder lies dir erst den Artikel durch und komm dann zum Video zurück.
Ja, die Rede ist von Brasilien, dem Land, das unter der schlimmsten Dürre seit über 90 Jahren leidet. Die staatliche Wasserregulierungsbehörde (ANA) hat den Ausnahmezustand aufgrund der Wasserknappheit ausgerufen. Da die die Stromerzeugung im Land in der Hauptsache aus Wasserkraft erfolgt, sind Energierationierungen zu befürchten. Die Trockenheit beeinträchtigt die Leistung der brasilianischen Wasserkraftwerke.
Und die seit langem anhaltende Dürre bedroht auch die Landwirtschaft in den zentralen und südlichen Region entlang des Paraná-Flussbeckens, dem Herz der brasilianischen Agrarwirtschaft.

Die von der Dürre stark betroffenen Bundesstaaten im Südosten Brasiliens sind das Herz der brasilianischen Landwirtschaft. — Quelle: www.aljazeera.com
Die Landwirtschaft Brasiliens steht vor einem Supergau
In vielen Sparten führt Brasilien die Liste der größten Erzeugerländer an. Es ist der Weltgrößte Produzent von Sojabohnen (34% der weltweiten Produktion), Zuckerrohr (39%), Orangen (24%) und eben auch Kaffee (36%).
Es ist der drittgrößte Maisproduzent und der drittgrößte Tabakproduzent der Welt. Und der Südosten des Landes stellt für die meisten dieser Agrarprodukte das Hauptanbaugebiet dar.
Erläuterung der Karte „Bodennutzung“:
- gelb, braun: intensive/ extensive Beweidung
- rot schraffiert: Ackerbau (senkrecht: Großgrundbesitzer, waagrecht: kleinflächig bzw. Nebenerwerb)
Setzt man die Karten der Agrarwirtschaft des Landes nun in Bezug zu der Darstellung der Dürreregionen, wird das ganze Ausmaß der Misere deutlich.
In Zahlen: Etwa 30 % der brasilianischen Orangenplantagen und 15 % der Kaffeefelder werden derzeit intensiv bewässert. Die Trockenheit macht dies zunehmend schwerer, bald vielleicht unmöglich.
Die Aussicht auf verwelkende Orangenbäume und Kaffeepflanzen kommt zur ungünstigsten Zeit. Die Preise der landwirtschaftlichen Nutzpflanzen klettern auf ein Mehrjahreshochs. Das schürt natürlich auch die Angst vor einer Inflation bei den Lebensmittelpreisen. Höhere Lebensmittelkosten könnten den Hunger verschlimmern, ein Problem, das sich durch die Covid-19-Pandemie weltweit verschärft hat.
Die Dürreregionen der Erde weiten sich aus
Werfen wir einen Blick auf die Dürreregionen der Erde. Die folgenden Karten beziehen sich auf die relative Feuchtigkeit in 2 Metern Höhe. Dargestellt wird, wie sich diese Feuchtigkeit aktuell prozentual von einem langjährigen Mittel unterscheidet. (Karten von der Website http://www.climatepredict.com/).
Karte 1: Stichdatum ist der 30. April 2021
Rote Felder stellen Gebiete dar, die trockener sind als ein langjähriges Mittel, blaue Gebiete sind feuchter.
Nun gehen wir vier Wochen weiter. Karte 2 — Stichdatum 31. Mai 2021:
Wir können jetzt das ganze zu dem aus Kindertagen bekannten Suchbild-Spiel ummünzen. “Das zweite Bild unterscheidet sich vom Ersten durch xxx Veränderungen”.
Aber was fällt wirklich auf? Die Trockengebiete in Südamerika haben sich deutlich ausgeweitet. Auch im Osten der Vereinigten Staaten und in deren Nordwesten sind sie gewachsen, während die Mitte der USA und Mexiko deutlich feuchter wurden.
Extrem stellt sich jedoch die Zunahme des Trockengebiets in Brasilien dar, das sich hier jetzt ziemlich genau mit dem vorher gezeigten landwirtschaftlich intensiv genutzten Bereich deckt.
Um auf das Thema “Kaffeepreis und Klima” zurückzukommen: wir schauen uns die Kaffee-Anbaugebiete der Welt an. Kaffeeanbau findet in den äquatornahen Gegenden statt. Kaffeepflanzen benötigen das ganze Jahr über, tags wie nachts, ein ausgeglichenes Klima ohne extreme Hitze und Kälte sowie ausreichend Niederschlag und viel Schatten. Sie stellen hohe Ansprüche an den Boden und sind ähnlich “sensibel” wie Wein.
Es existieren rund 60 verschiedene Kaffeesorten, von denen jedoch nur zwei für den Weltmarkt von Bedeutung sind. Die Sorte Arabica, die rund 70% der globalen Kaffeekulturen ausmacht und die Sorte Robusta mit etwa 30% Weltmarktanteil.
Die Karte zeigt den sog. “Kaffeegürtel” mit den größten Produzenten:
Die zahlen weisen auf die 5 größten Erzeugerländer hin
Und was bedroht die Pflanzen jetzt?
La Niña – “das Mädchen” schlägt wieder zu
In dem globalen Wettergeschehen tauchen immer wieder zwei Begriffe auf: “El Niño” und “La Niña” – zwei Namen für entgegengesetzte extreme Wetterbedingungen. Eine kurze Erklärung der Phänomene:
El Niño
ist ein großräumiges Phänomen im äquatorialen Pazifik mit nahezu weltweiten Auswirkungen, wobei die dahinterstehenden Mechanismen trotz großer Fortschritte im Verständnis der Ursachen immer noch nicht endgültig geklärt werden konnten.
Das El-Niño-Ereignis ist charakterisiert durch
- eine ungewöhnliche Erhöhung der Temperaturen der Meeresoberflächen entlang des Äquators von der peruanischen Küste bis in den zentralen Pazifik, d.h. in jenem Gebiet, in dem normalerweise eine kalte Wasserzunge liegt.
- Zugleich ist der Südostpassat stark abgeschwächt oder sogar durch leichte Westwinde verdrängt.
- Im westlichen äquatorialen Pazifik, wo normalerweise reichliche Niederschläge fallen, herrscht bei einem El Niño außergewöhnliche Trockenheit, während es an dem sonst trockenen östlichen Rand des Ozeans heftig regnen kann.
La Niña
La Niña (spanisch für „das Mädchen“) tritt meist in Anschluss an ein El-Niño-Ereignis auf. La Niña ist sozusagen dessen Gegenteil. Ausgelöst wird sie durch überdurchschnittlich hohe Luftdruckunterschiede zwischen Südamerika und Indonesien. Dies führt zu stärkeren Passatwinden. Vom Passat wird im Pazifischen Ozean das warme Wasser an der Oberfläche nach Südostasien getrieben. Vor der Küste Perus strömt darum kaltes Wasser aus der Tiefe nach, das bis 3 °C unter der Durchschnittstemperatur liegt.
Auswirkungen von La Niña
Die Auswirkungen sind nicht so stark wie beim El Niño, aber La Niña hat trotzdem einen erheblichen Einfluss:
- Im Westpazifik ist das Wasser an der Oberfläche wärmer.
- In Südostasien bringt La Niña durch Regen eine Abkühlung.
- In Südamerika regnet es hingegen weniger und die Wüsten dörren aus.
- In Nordamerika kommt es vermehrt zu Hurrikanen.
Die World Meteorological Organization (WMO)
… erklärte im Dezember 2020, “La Niña” sei zurückgekehrt. Dies bedeutet, Staaten und Organisationen sollen sich im Hinblick auf Landwirtschaft, Gesundheitsvorsorge und Katastrophenhilfe im Jahr 2021 auf die drohenden Wetterextreme einstellen. 2021 drohen in verstärktem Maße Dürren, Überschwemmungen und tropische Wirbelstürme.
Der Klimawandel und menschliches Verhalten kann diese Wetterkapriolen noch verstärken. So wird die derzeitige Dürrekatastrophe in Brasilien nach Meinung vieler Experten durch die ungehemmte Abholzen des tropischen Amazonas-Regenwalds noch verstärkt. Die ausgleichende Funktion dieser größten zusammenhängenden Waldfläche der Erde wird zunehmend zerstört.
Welche Auswirkungen hat das auf die Rohstoffpreise
Vielleicht ist es dir beim Einkauf aufgefallen: die Kaffeepreise ziehen wieder an. Kaffee- und Rohzuckerkontrakte an der ICE Futures-Börse in New York haben bereits Vierjahreshochs erreicht.
Auch die Tatsache, dass der Kaffee-Futures in der letzten Zeit an Stärke eingebüßt hat, ändert daran nichts.
Sehen wir uns den Kaffeepreis der letzten fünf Jahre einmal genauer an:
Am 09.11.2016 schloss der Kaffee-Futures bei 173.80 und markierte ein langfristiges Hoch. Danach verlor er an Wert und fand am 07.05.2019 einen Boden bei 88.00. In der Folge ging es “Auf und Ab”, und seit Oktober 2020geht es eigentlich nur noch “Auf”. Der Kurs schickt sich offensichtlich an, die Höhe von 2016 wieder zu erreichen.
Wie schauts aktuell aus? Der Future im Jahr 2021 im Tageschart:
Wir sehen einen gesunden Aufwärtstrend mit diversen Korrekturen. Aus den nun besprochenen Gründen kann davon ausgegangen werden werden, dass sich dieser Aufwärtstrend fortsetzen wird. Alle Anzeichen stehen auf ein weiteres Anwachsen der Preise, und wir sind im Moment extrem bullisch eingestellt und stehen in den Startlöchern.
Wir werden nur noch auf ein bestätigendes Signal seitens der COT-Daten warten. Aber auch hier scheint sich das Blatt zu wenden:
Wir sehen einen Commercials Index, der sich seit Mitte Mai am Boden bewegt. Die Commercials verstärkten seit Anfang April ihre Netto-Short Positionen, die sie jetzt beginnen, wieder abzubauen. Wir werden diese Bewegung weiter beobachten.
Darüber hinaus werden wir auch die anderen Rohstoff-Futures, die von den momentanen Wettereinflüssen betroffen sind, auf dem Schirm halten. Denn außer Kaffee können auch Mais, Soja und Zucker noch einige Handelsmöglichkeiten eröffnen. Wir bleiben dran und werden dich stets auf dem Laufenden halten.
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